Das Medium zwischen
Himmel und Erden
Die Hellseherin, Heilerin und
Astrologin Madame Michèle ist seit 35 Jahren in Rheinfelden als
Dienerin für die Menschheit tätig
Bereits im zarten Alter von fünf Jahren sah Madame Michèle Visionen
und konnte ihren Götti durch Haudauflegen die Schmerzen nach einer
Krampfadern-Operation nehmen. Zunächst verdrängten die Eltern die
aussergewöhnlichen Fähigkeiten ihrer Tochter. Heute ist die Frau mit
dem Sinn für das Übersinnliche landesweit bekannt.

An diesem Tisch
behandelt Madame Michèle ihre Kundschaft.
In der Hand hält sie das Buch «Das Leben einer weissen Schamanin»,
welches unter anderem biographische Angaben enthält.
«Ich bin als Hellseherin
geboren und ich lebe für meine Begabung. Es ist meine Aufgabe, als
Medium zwischen Himmel und Erde zu wirken und dadurch den Menschen
in Not zu helfen», erzählt Madame Michèle, welche bereits in
früheren Leben als Indianerin und als Bernadette von Lourdes den
Kranken heilend zur Seite stand.
Bisher konnte die
gelernte Verkäuferin noch jedem helfen. Um «auf Sendung zu gehen»,
benötigt sie grundsätzlich keine Daten des Patienten. Sogar übers
Telefon kann sie eine Verbindung zur hilfesuchenden Person
herstellen. Ihre Begabung ist dermassen ausgeprägt, dass sie sogar
in Tiere und Maschinen sieht und als Medium zwischen einer lebenden
und einer verstorbenen Person wirkt: «Ich kann Kontakt zu
Verstorbenen herstellen. Nachdem ich die tote Person an der
himmlischen Pforte abgeholt habe, kann ich mit ihr sprechen. Dadurch
kann zum Beispiel eine Witwe über mich mit ihrem verstorbenen
Ehemann kommunizieren.»
Eigene Schmerzen
werden in Kauf genommen
Madame Michèle geht
nicht auf die Menschen zu, sondern wartet, bis sie aufgesucht wird.
Sie ist eine Einzelgängerin und hält sich nicht gerne in einer
Menschenmasse auf. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass Madame
Michèle alle Schmerzen der Mitmenschen auf sich zieht: «Ich bin ein
Magnet und ziehe die Schmerzen automatisch an. Bei einem neuen
Patienten kann ich dadurch herausfinden, welches Leiden ihn
belastet. Je gravierender die Krankheit des Patienten ist, desto
stärker leide auch ich.» Daher durchlitt Madame Michèle
Höllenqualen, als sie in die Notfallstation eines Krankenhauses
eingeliefert werden musste. «Ich spürte die Schmerzen von allen
anderen Kranken. Erst als ich in ein Einzelzimmer durfte, ging es
mir besser.» Trotz der körperlichen Anstrengungen, und obwohl ihr
eigener Erholungsprozess mit zunehmendem Alter immer länger wird,
empfindet Madame Michèle ihre Begabung nicht als Belastung: «Für
mich steht das Bedürfnis, den Menschen zu helfen, im Vordergrund,
nicht die Angst vor Schmerzen.»
Hände werden bis zu 45 Grad
heiss
Madame Michèle besitzt
heilende Hände, welche während eines Behandlungsprozesses bis zu 45
Grad heiss werden. Die Energie ihrer heilenden Hände nutzt sie zudem
fürs Malen. Während einer nächtlichen Meditationsphase malt sie ohne
Pinsel Bilder, welche den Weg zum Licht zeigen. Die Farben orange,
gelb und weiss sollen Harmonie und Ausgeglichenheit vermitteln.
Der Erlös ihrer Bilder
kommt dem eigens gegründeten Kinderdorf im jurassischen Sonvilier zu
Gute. Seit 1991 bietet sie auf 1280 Quadratmetern Frauen mit Kindern
Gratis-Urlaub an. Früher kochte sie sogar für die Familien. Da ihr
dieser Dienst heute nicht mehr möglich ist, stellt sie den Familien
stattdessen Lebensmittel kostenlos zur Verfügung.
Madame Michèle sah eigenen
Unfall voraus
Madame Michèle ist
überzeugt, dass das eigene Schicksal zu 80 Prozent vorbestimmt wurde
und dass der persönliche Weg somit nur zu 20 Prozent zu beeinflussen
sei. Daher setzte sie sich auch im April 1982 in ihr Auto, obwohl
sie ganz genau wusste, dass sie auf der Reise nach Genf verunglücken
werde. «Bereits mit sieben Jahren wusste ich, dass ich mit 43 Jahren
im Rollstuhl sitzen werde. Wenn ich meine Reise abgesagt hätte, wäre
mir etwas anderes. zugestossen.»
Madame Michele sah aber
auch, dass ihre Beine eines Tages wieder zum Einsatz kommen werden.
Dies trat 18 Monate nach ihrem Unfall ein.
Auch den weiteren
Verlauf ihrer Zukunft kennt sie in groben Zügen. «Ich möchte aber
über meine Zukunft gar nicht genauer Bescheid wissen. Ich will ein
normales Leben führen.»
Männer sind in der Überzahl
Madame Michèle weiss,
dass die Menschen immer wieder geprüft werden. Aber sobald man das
eigene Schicksal annehme, seien die Probleme gelöst. Dies teilt sie
auch den Kunden mit, welche aus unterschiedlichsten Gründen von weit
her zu ihr in die Kupfergasse 18 kommen. Zur zeit behandelt Madame
Michèle viele Personen, die von Existenzängsten geplagt werden Die
meisten Kunden leiden jedoch an Beschwerden, welche durch falsche
Ernährung entstanden sind.
«Ich werde von mehr
Männern als Frauen aufgesucht. Die wirtschaftliche Situation stellt
vor allem für Männer eine grosse Belastung dar.»
Nicht alle Kunden
brauchen Hilfe auf Grund persönlicher Not: Madame Michèle berichtet,
dass zum Beispiel ein Personalchef bei ihr um Rat frage. «Er lässt
mir eine Liste mit verschiedenen Stellen-Bewerbern zukommen. Ich
teile ihm anschliessend mit, welche Person ich einstellen würde.
Denn ich sehe, ob eine Person in der Lage ist, die ihr zugeteilte
Arbeit auszuführen, ob sie dazu neigt, oft krank zu werden und ob
sie ins Team passt.»
Kinder haben Begabung geerbt
Eine Behandlung dauert
in der Regel ungefähr eine halbe Stunde und kostet hundert Franken.
Da die Patienten meistens überwältigt sind von Madame Michèle's
Fähigkeiten, können sie ihre Ausführungen nicht verarbeiten. Daher
gibt sie jedem ihre Ratschläge und Visionen schriftlich mit auf den
Weg. «Ich sage aber nur soviel, wie der jeweilige Patient erträgt.
Ich spüre, wieviel ich mitteilen kann.»
Auch ihr Sohn verfügt
über ein besonders intensives Gespür. Die Tochter scheint der Mutter
sogar noch ähnlicher zu sein, übt das aussergewöhnliche Talent
jedoch nur im Freundeskreis aus. «Ich habe meine Begabung an die
Kinder vererbt.»
Wiedereröffnung der Galerie
Madame Michele selber
möchte noch etwa während fünf bis zehn Jahren in Rheinfelden tätig
sein. Danach möchte sie etwas kürzer treten. Vorerst geniesst sie
jedoch ihre Galerie, welche sie anfangs April in neuem Glanz
eröffnen konnte. Dort empfängt sie Kunden und führt Kurse durch,
welche allen Interessierten offen stehen. Das nächste Mal ist es am
28. April soweit: Von 19.30 bis 22.30 Uhr verrät Madame Michele,
welches Kraut für welches Übel gewachsen ist. «Ich stelle zwar keine
eigenen Heilmittel her, aber eine Kräutertante bin ich trotzdem.»
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